Für die zweite Tarifverhandlungsrunde hatten die Verhandler*innen des Zeitungsverlegerverbandes BDZV der dju in ver.di ein Angebot zu Tariferhöhungen angekündigt. Doch gehalten haben sie das Versprechen nicht. Konkrete Zahlen zur Tariferhöhung blieb der BDZV am 25. Juli in Frankfurt/Main schuldig. Stattdessen stellte er Gegenforderungen zum Nachteil der Zeitungsredakteur*innen. So solle es nach Berufsjahresstufen zustehende Einkommensschritte nur noch dann geben, wenn der/die Redakteur*in eine thematisch vorgegebene, aber ansonsten vollkommen eigenverantwortlich zu organisierende Weiterbildung vorweisen kann. Weder dafür nötige Freistellungen, Bezahlung der Weiterbildung oder anderweitige Mithilfe des Verlages sollen vorgesehen sein. Zudem solle es bei der Übernahme von Leistungsaufgaben keine tarifliche Höhergruppierung, sondern nur noch einzeln dem Verlag abzuringende Zulagen geben. Außerdem sollen Vorbeschäftigungszeiten nur noch aus Zeitungsberufsjahren angerechnet werden. Erfahrungen aus anderen Medien wie Rundfunk, Agenturen oder Zeitschriftenverlage nur ausnahmsweise, so wie es bisher bei Dienstjahren in Pressestellen üblich ist.
„Diese Vorschläge lassen an Unfairness nichts vermissen. Wer wegen Arbeitsverdichtung, knapper Stellenbesetzung und im Sandwich von Beruf und Privatleben nicht noch dem Verlag das Weiterbildungsmanagement und das auf eigene Kosten abnimmt, soll keine Einkommensfortschritte machen können. Für alle die Führungsverantwortung übernehmen wollen, soll es zudem keine tarifliche Höhergruppierung geben. Diese Vorstellungen bei ausbleibenden Tariferhöhungen nach Jahren des Reallohnverlustes sind eine krasse Missachtung der Arbeitsbedingungen in Zeitungsredaktionen und in hohem Maß respektlos“, erklärte ver.di-Verhandlungsführer Matthias von Fintel.
Keine Verhandlungen soll es zum Einsatz generativer Künstlicher Intelligenz (KI) in Zeitungsredaktionen geben. Das sei nichts für Tarifverhandlungen, die Verleger hätten die journalistische Sorgfalt schon selbst in der Hand. Es brauche weder Regeln zum transparenten Einsatz, zur Mitbestimmung für Journalist*innen und es gäbe schon gar keinen Anlass zur wirtschaftlichen Beteiligung an den Effizienzerlösen. Man werde demnächst als BDZV Leitlinien zum KI-Einsatz beschließen, denen könnten sich die Journalist*innen und Gewerkschaften dann anschließen.
„Dem Zeitungsverlegerverband ist offenbar nicht klar, dass es, um der Nutzung von KI in verschiedenen digitalen Kanälen zu begegnen, in den Verlagen einen Schulterschluss von Kreativen und Autor*innen einerseits sowie Verlagen andererseits braucht, um einer zunehmend medienkritischen Öffentlichkeit das Vertrauen in den Zeitungsjournalismus der Zukunft zu geben. Stattdessen wird vom BDZV selbstherrlich die alleinige Kompetenz zur Beantwortung der tagtäglichen und grundsätzlichen Fragen beim KI-Einsatz beansprucht. Für Redakteur*innen soll es kein Recht auf Transparenz oder Mitbestimmung beim Einsatz bestehen. Die Verwertung von redaktionellen Beiträgen bei der (teil-)automatisierten Ausspielung auf diversen Kanälen soll nur den Verlagen zugutekommen. Damit wollen die Verlage den KI-Einsatz unter den denkbar schlechtesten Vorzeichen einführen und praktizieren“, kritisiert von Fintel.
Angeblichen Modernisierungsbedarf sieht der BDZV dagegen bei den Urheberrechtsregeln im laufenden Manteltarifvertrag. Er fordert Änderungen, die aber nebenbei und sogar offen ausgesprochen allein den Verlagen Produktivitätsgewinne bringen sollen.
Unkritisch hingegen wurde die Forderung des BDZV zur leichten Anpassung im Ausbildungsplan des Volontariats-Tarifvertrags von der Verhandlungskommission der dju in ver.di bewertet. Dafür bräuchte es aber keine Tarifrunde für Gehaltserhöhungen. Die Tarifparteien könnten so etwas regelmäßig auch abseits anderer Verhandlungsgegenstände und bei sachlicher Begründung einvernehmlich regeln. Es solle dabei um Erweiterungen für „Faktenchecking (sic!), Datenerhebung und deren redaktionelle Aufbereitung, Storytelling, Podcasting und Videoproduktionen, Aneignung von KI-Techniken für die Redaktionsarbeit“ gehen, so heißt es im BDZV-Papier dazu.
Zur Erinnerung die dju-Tarifforderungen, die auch im zweiten Verhandlungstermin untermauert wurden:
Die Verhandlung wurde ohne Verabredung eines konkreten Folgetermins beendet, weil der BDZV nicht zu einer Fortsetzung vor Oktober bereit war und die dju die geforderten Tarifverschlechterungen abgelehnt hat.