dju-Tarifinfo: Und die Verleger bewegen sich nicht...

30.01.2022

 27.01.2022

Angebot völlig inakzeptabel - Dramatische Tarifentwicklung bei Redakteurinnen und Redakteuren seit dem Jahr 2000, zeigt WSI-Statistik

Trotz langer Verhandlungen hat die dritte Runde für Zeitungsjournalist*innen keine Fortschritte gebracht. Die Vertreter*innen der dju in ver.di und des Deutschen Journalistenverbandes (DJV) haben vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) zu Gehaltserhöhungen und damit auch Honorarerhöhungen der freien Kolleg*innen keine nachgebesserten Angebote erhalten. So blieb der Verhandlungsverlauf für die dju in ver.di enttäuschend: „Am Ende ging es praktisch zurück auf Los", sagt Klaus Schrage, Vorsitzender der dju-Tarifkommission.

Lediglich hinsichtlich der Corona-Prämie wurde seitens des BDZV Entgegenkommen signalisiert. Dieses mögliche Element eines Tarifabschlusses war von der dju in ver.di in die Verhandlungen eingebracht und von den anderen Beteiligten aufgegriffen worden. Auch der dju-Vorschlag, statt einer linearen Entgeltsteigerung eine für alle Tarifstufen einheitliche Festbetragserhöhung abzuschließen, hat in den Verhandlungen Anklang gefunden. „Unsere Ideen prägen die Diskussion", stellt Klaus Schrage hierzu fest. Die dju in ver.di fordert bei einer Laufzeit von 12 Monaten eine Festbetragserhöhung von 200 Euro ab Januar 2022, die besonders beim Berufseinstieg und für junge Zeitungsjournalistinnen und –journalisten wirksame Erhöhungen schafft. Die Honorare für freie Zeitungsjournalistinnen und –journalisten sollen um fünf Prozent erhöht werden. Damit und mit einer zusätzlichen Corona-Prämie von 500 Euro soll den Rekordwerten an Inflation und Belastungen im Homeoffice für den Großteil der Zeitungskolleginnen und -kollegen Rechnung getragen werden.

 
Forderung der dju - Angebot des BDZV

Das Arbeitgeber-Angebot, erst zum 1. Dezember 2022 um 1,2 und ein Jahr später um 1,3 Prozent zu erhöhen, ist jedoch völlig inakzeptabel. „Das kann nach zwei Jahren Corona-Tarifvertrag ohne echte Einkommenserhöhungen nicht die passende Antwort auf massiv gestiegene Lebenshaltungskosten sein, von einer materiellen Anerkennung der Arbeit von Zeitungsjournalist*innen in der zweijährigen Pandemie ganz zu schweigen“, erklärte dju-Verhandlungsführer Matthias von Fintel. Dies komme einer weiteren Nullrunde gleich. Auch die vom Verlegerverband verlangte Laufzeit von 30 Monaten passe nicht in die Zeit.

„Die erheblichen Unsicherheiten bei der Entwicklung des Inflationsgeschehens sprechen unmissverständlich für eine kürzere Geltungsdauer des Tarifvertrags. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gestatten nur eine begrenzte Planungssicherheit und eine kürzere Laufzeit sollte demnach auch im Interesse der Zeitungsverlegerinnen und –verleger sein. Auch vor dem Hintergrund, dass die Gehälter der Zeitungsjournalist*innen schon seit langem von der Tarifentwicklung in anderen Branchen abgehängt sind und ein Inflationsausgleich stattfinden muss, ist es an der Zeit, eine deutliche Tariferhöhung bei kurzer Laufzeit abzuschließen“, so die Bewertung des Verhandlungsführers der dju in ver.di.

 
Dramatische Tarifentwicklung: Redakteur*innen an Tageszeitungen

Von einer zurückliegend dramatischen Tarifentwicklung spricht eine Analyse des langjährigen Leiters des gewerkschaftsnahen WSI-Tarifarchivs, Reinhard Bispinck. Er hat die durchschnittliche Tarifentwicklung der Gesamtwirtschaft und die Preisentwicklung seit dem Jahr 2000 mit der Tarifentwicklung in Zeitungsredaktionen verglichen. Das Ergebnis zeigt: Es gibt keinen Ausgleich der Preissteigerung der Lebenshaltungskosten durch die Entwicklung der Zeitungstarife und nur eine halb so hohe Tarifsteigerung wie im Durchschnitt der Gesamtwirtschaft.

Die Angebote der Zeitungsverleger*innen mit Nullrunde und weit unterhalb der Preissteigerung liegender Tariferhöhungen würden diese Entwicklung also deutlich verschärfen. Der Beruf wird angesichts dieses Branchenvergleichs für Berufsanfänger*innen immer unattraktiver und es erklärt sich die Tendenz von immer mehr Journalist*innen, den Berufsweg außerhalb von Verlagen fortzusetzen.

Die Tarifverhandlung wurde auf eine vierte Runde am 1. Februar 2022 vertagt und wird als Videokonferenz durchgeführt.