Insgesamt wieder weit über 1000 Streikende waren seit gestern in Streikversammlungen in Kiel, Stuttgart und Gütersloh, in Rostock, Detmold, Essen, Darmstadt und München auf den Beinen: Wir zeigen uns damit umso entschlossener und am Megaphon oder Mikro deutlich vernehmbar: Die Tageszeitungsjournalistinnen und –journalisten wollen eine Reallohnsteigerung – Wir lassen uns nicht länger abhängen von der wirtschaftlichen Entwicklung!
Die Gründe dafür sind vielfältig und liegen in der Vergangenheit und Zukunft. So äußern die Streikenden in Rostock in einem Offenen Brief ihre Kritik an der Personal- und Tarifpolitik der Madsack-Gruppe und des BDZV: „Wir sagen Ihnen: Das Maß ist voll! Die stetig wachsende Belastung der Kolleginnen und Kollegen muss gestoppt, die Arbeit besser vergütet und wieder auf mehr Schultern verteilt werden.“ Oder Streikende aus Augsburg sagen in Richtung der BDZV-Verhandlungsführung: „Wir verdienen mehr, … weil auch junge Menschen in dem Beruf noch eine Zukunft sehen sollen.“
Über 600 Streikende haben sich aus allen Teilen Bayerns und Baden-Württembergs demonstrierten in München: Wieder waren die Kolleginnen und Kollegen aus der Digitaltochter der Süddeutschen Zeitung im Soli-Streik mit dabei. Der Max-Josephs-Platz war gefüllt und Delegationen aus Augsburg, Nürnberg, Ulm, Stuttgart, Esslingen etc verliehen lautstark der Forderung ihrer Gewerkschaft nach 4,5 Prozent mehr und mindestens 200 Euro monatlich mehr für den journalistischen Nachwuchs den nötigen Nachdruck. Landauf, landab ist das Signal deutlich vernehmbar und sollte jetzt endlich auch bei den Verlegervertretern des BDZV ankommen: Der Widerstand gegen ihre niedrigen Angebote und die hinhaltende Verhandlungsführung wächst!
Der Redakteur Willi Feldgen von DuMont aus Köln fasst als Redner für die dju in ver.di auf der mit 200 Kolleginnen und Kollegen gut besuchten Streikkundgebung in Essen die Haltung der Verleger so zusammen: „Systematisch versuchen die Verleger, die Rahmenbedingungen in den Zeitungshäusern zu verschlechtern. Um es mit einem Vergleich aus der Welt der Musik zu sagen: die Verleger verlangen von ihren Beschäftigten zwar die Qualität der New Yorker Philharmoniker, aber zahlen wollen sie nur den Essen-Steeler Kinderchor. So, liebe Kolleginnen und Kollegen, funktioniert das mit dem Qualitätsjournalismus nicht.“ So wird es auch nichts mit einem Tarifabschluss.
Passend zur Tarifauseinandersetzung hat heute auch die Frankfurter Rundschau das Thema des Tages dem Zeitungstreik und seiner Bedeutung für das Medium gewidmet. Im Interview erläutert Zeitungsforscher Horst Röper in der FR: „Hat der Journalismus seine gesellschaftliche Stellung verloren? Die Stellung sehe ich nicht so stark bedroht. Aber bei den jungen Leuten hat sich längst herumgesprochen, dass die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung in der Branche schlicht schlechter geworden sind. Das spüren Journalistenschulen und Zeitungsverlage an den rückläufigen Bewerberzahlen. Eigentlich sind die jungen Leute ganz vernünftig. Ich habe schon vor einigen Jahren mal an der Uni gesagt, dass man sich hüten sollte, in diesen Beruf einzusteigen. Und dazu stehen Sie auch heute noch? Ja. Wer in den Journalismus will, der sollte sich tunlichst über Praktika in Lokalredaktionen anschauen, was man heute als Journalist alles leisten muss.“
Wir kämpfen für den Nachwuchs, für die Zukunft der Zeitungen –Daran lassen wir mit unseren Streiks und unserem Protest keinen Zweifel. Jetzt gilt’s, ob beim Ausstand der Redaktionen und morgen am Verhandlungstisch!
Darum: Mitglied werden!
Unsere Argumente gelten natürlich auch für Verlage ohne Tarifbindung, deren Zahl nach wie vor steigt und deren Geschäftsführungen nicht im Traum an Haustarifverträge oder eine Rückkehr in die Tarifbindung denken, wenn ihnen nicht eine gut organisierte Belegschaft ihre Argumente dafür ständig in Erinnerung ruft und Druck aufbaut.
Auch darum: Mitglied werden! http://dju.verdi.de/rein