dju-Mitgliederbrief April 2015

14.04.2015
Cornelia Haß dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß

Liebes Mitglied,

kein Aprilscherz I: Mehr Geld gibt es seit Beginn des Monats für die rund 14.000 Redakteurinnen und Redakteure sowie Pauschalisten und Freie, die für Tageszeitungen arbeiten. Zum 1. Mai 2014 wurden die Gehälter in den Tageszeitungsredaktionen schon einmal um 2,5 Prozent erhöht, jetzt kommen noch mal 1,5 Prozent dazu. So ein Gehaltsplus ist auf der monatlichen Abrechnung sicht- und auf dem Konto spürbar. Dieses Plus zwischen 120 und 300 Euro ist nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde von den Kolleginnen und Kollegen in monatelangen Tarifauseinandersetzungen mit mehreren Streikwellen hart erkämpft.

In der Tarifauseinandersetzung haben wir endlich auch erreicht, dass Onliner künftig zu denselben Bedingungen arbeiten wie ihre Printkolleginnen und -kollegen. Die Einbeziehung der Online-Journalistinnen und -Journalisten in den Schutz der Tarifverträge entspricht einer zeitgemäßen Weiterentwicklung der Arbeit in den Redaktionen. Gerade die Online-Angebote müssen hohen journalistischen Ansprüchen genügen, um sich im Wettbewerb abzuheben. Dazu brauchen wir entsprechend qualifizierte Kolleginnen und Kollegen, die künftig noch enger publizistisch verzahnt arbeiten - zu gleichen Bedingungen.

Kein Aprilscherz II: In Folge der Reduzierung des Rundfunkbeitrags werden alle Haushalte um 48 Cent monatlich entlastet, die den Rundfunkbeitrag entrichten und damit die Programme von ARD und ZDF finanzieren. Auch für unsere Kolleginnen und Kollegen, die die Programme von ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutscher Welle erdenken, produzieren und senden gilt: Gute Arbeit - gutes Geld. Trotz tiefgreifender Rationalisierungsmaßnahmen und einschneidender Kürzungszwänge durch die Politik liefern sie: Informationen rund um die Uhr, Unterhaltung und Kultur, ein gutes Programm unter zunehmend erschwerten Bedingungen und dafür erwarten sie zu Recht gutes Geld. Die Tarifrunde im öffentlich-rechtlichen Rundfunk beginnt grade erst. Am Aschermittwoch haben die Beschäftigten in den Sendern "Schluss mit lustig" gemacht und bundesweit mit Aktionen ihre Forderung nach sechs Prozent mehr Geld, und zwar für alle, bekräftigt. Wir sagen passend dazu: "Jetzt einschalten - ver.di!", denn ohne eine starke Gewerkschaft im Rücken, die die Interessen aller Medienschaffenden vertritt, ob fest angestellt oder frei, aktiv oder in Rente, ob für einen Verlag, einen Sender, eine Filmproduktionsfirma, einen Online-Betrieb oder mal hier und mal da arbeitend, geht's nicht. Was ver.di im Rundfunk organisiert, darüber informieren wir unter www.rundfunk.verdi.de.

Weltweit Betroffenheit und Trauer hat der Absturz der Germanwings-Maschine über den französischen Alpen am 24. März ausgelöst. Auch wir trauern mit den Angehörigen der Opfer und sind entsetzt über die Ereignisse, die offenbar dazu geführt haben, dass 150 Menschen sterben mussten. Und zugleich sind es wieder, wie schon nach den Anschlägen auf die Redaktion von "Charlie Hebdo", die Medien, denen eine besondere Rolle in dem Drama um Flug 4U9525 zukommt: Sie sollen erklären, vermitteln und kommentieren, was zunächst unerklärlich erscheint. In den Tagen nach dem Absturz sind dazu auch hervorragende Beispiele zu lesen, zu hören und zu sehen gewesen, die mit Angst und Trauer umzugehen geholfen sowie laufend die Information und Aufklärung vorangebracht haben. Schon Stunden nach den ersten Twitter-Meldungen über das Unglück kursierten Listen in den sozialen Medien, auf denen stand, was die Menschen nicht in den Medien sehen wollen: sensationsheischende Bilder, falsche Verdächtigungen, verletzte Persönlichkeitsrechte. Kolleginnen und Kollegen aus den Redaktionen berichten, dass ihre Berichterstattung zum Teil schon kommentiert wurde, noch bevor sie publiziert war. In Erwartung dessen, was Presse produziert, gab es schon so manche kräftige Watsche vorab. Und natürlich waren sich tatsächlich einige Medien nicht zu schade, alle Warnungen und Vorurteile in den Wind zu schlagen, um für die grellste Schlagzeile, die meisten Klicks, ethische Regeln über Bord zu werfen. Dabei sind diese allgemein bekannt und im Kodex des Deutschen Presserats fest gelegt, die Selbstregulierungsinstanz der Presse, mit der die grundgesetzlich gebotene Staatsferne aufrecht gehalten wird und die ver.di als eine von vier Organisationen mitträgt. Beim Presserat sind bereits mehr als 400 Beschwerden über die Berichterstattung zu dem Absturz eingegangen, der dazu auf seiner Internetseite titelt: "Opferschutz hat Vorrang".

Zugleich entspann sich noch während der laufenden Berichterstattung in den Kommentarfunktionen der Online-Medien, auf Facebook, Twitter etc. eine ergiebige medienkritische Auseinandersetzung als Zeugnis eines zutiefst zerrütteten Vertrauensverhältnisses zwischen den Medien und ihrem Publikum. Ihr Ausmaß zeigt eine neue Dimension, die wesentlich auf die neue Funktion der sozialen Medien in der Interaktion zwischen den Medien und denen, die sie lesen, hören, sehen, verbreiten, kommentieren und ergänzen, zurückzuführen ist. Wir müssen die Rolle der sozialen Medien und des Dialogs, der da entsteht und der wesentlich ist für die neuen journalistischen Formate im Internet, noch besser verstehen und unsere Schlüsse daraus ziehen für das Berufsbild und vor allem für die Ausbildung unseres Nachwuchses. Und wir müssen wieder Vertrauen herstellen, die Rolle von Presse und Rundfunk in ihrer unverzichtbaren Funktion für unsere Demokratie stärken, dringender denn je. Denn was passiert, wenn Presse und Rundfunk diese Funktion nicht mehr erfüllen können, dafür gibt es mehr Beispiele als uns lieb sein kann, schauen wir nur in die Türkei oder nach Nigeria oder vor unsere Haustür nach Ungarn.

Ja, wir müssen reden! Über das Vertrauen in die Arbeit der Medien, über ihre Akzeptanz - und auch über ihre Fehler, klar! Eine Gelegenheit dazu bieten unsere 5. Medientage vom 29.-31. Mai im ostwestfälischen Lage-Hörste. Unter dem Motto "Entfremdete Medien" geht es um die "Rolle von Glaubwürdigkeit und Vertrauen im Journalismus". Das vollständige Programm und eine Möglichkeit, sich anzumelden, gibt es hier:
https://dju.verdi.de/service/veranstaltungen/++co++d5369d66-ce27-11e4-9fe6-525400a933ef .

Wir möchten gerne auch künftig zu unseren Seminaren und Medientagen ins Institut für Medien und Kunst (IMK) in Lage-Hörste einladen, denn es ist die Heimat der gewerkschaftlichen Bildung im Bereich Medien und wurde seinerzeit von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern für die zukünftigen Generationen errichtet. Um diesen Ort zu erhalten, brauchen wir dringend Unterstützung und bitten herzlich um Spenden: Das IMK muss saniert werden, unter anderem, um neuen Brandschutzbestimmungen gerecht zu werden, damit wir es weiter betreiben können: Nur wenn bis Mitte Mai genug Geld für die erforderlichen Investitionen zusammenkommt, kann unsere Bildungsstätte über 2015 hinaus erhalten werden. Gelingt es nicht, die erforderliche Summe zusammen zu sammeln, werden die Spenden zurückgezahlt. Mehr Informationen unter:
http://freunde-des-imk.mainis-web.de/index.php?si=&view=&lang=1&p=&act=page&k3=spendenliste&k4 .

Und zum Schluss noch eine Bitte: Anfang Mai werden die Einladungen zu den diesjährigen Versammlungen der Verwertungsgesellschaft Wort verschickt. Für den 29. Mai lädt sie alle Wahrnehmungsberechtigten nach München zur diesjährigen Versammlung ein. Dort werden die Delegierten der Wahrnehmungsberechtigten gewählt. Am Folgetag treffen sich die Mitglieder zu ihrer Versammlung, die unter anderem den Verwaltungsrat wählen. Wer an den Versammlungen nicht teilnehmen kann, denke bitte an die Stimmrechtsübertragung. Bei Rückfragen bitte einfach eine Mail an urheber@verdi.de

Viele Informationen, viele Möglichkeiten, sich zu engagieren und mitzugestalten - gute Gründe, zu sagen: "Jetzt einschalten - ver.di!"

Und wenn es noch ein bisschen mehr sein darf, wenn es Anregungen, Kritik oder auch Lob gibt: Einfach eine Email an: dju-info@verdi.de.

Danke, alles Gute und viele Grüße,

Cornelia Haß

Leiterin Bereich Publizistik und Medien
Bundesgeschäftsführerin der dju in ver.di

www.dju.verdi.de
www.rundfunk.verdi.de