Start der Streikwelle in Zeitungsredaktionen, Druckereien und Verlagen

20.02.2014
Schwerte 2 Uli Janßen dju-Vorsitzender Ulrich Janßen spricht bei der Kundgebung in Schwerte

Start der Streikwelle in Zeitungsredaktionen, Druckereien und Verlagen

Mit Streiks reagieren die Beschäftigten aus Druckereien, Angestellte und Journalistinnen und Journalisten aus Zeitungsredaktionen in dieser Woche auf die Kampfansage der Zeitungsverleger. Begonnen haben Druckereien in Bayern am Dienstag und in der Nachschicht auf Mittwoch, darunter beispielsweise das Münchner Druckhaus Dessauer Straße (Ippen-Gruppe). In Augsburg gingen über 100 Beschäftigte aus dem Verlag und der Redaktion der Augsburger Allgemeinen auf die Straße, bei der Allgäuer Zeitung in Kempten gut 50 Streikende. Für die Drucker geht es darum, die Miniangebote der Druckarbeitgeber von 1,8 % frühestens ab dem Jahr 2015 und 400 Euro Einmalzahlung in 2014 zurück zu weisen und die ver.di-Forderung nach 5,5 % mehr Geld zu bekräftigen. Außerdem soll die von der Arbeitgeberseite geforderte Verhandlung über Verschlechterungen am Manteltarifvertrag abgewehrt werden.

Für die Verlagsangestellten in Bayern geht es um einen seit April 2013 (!) offenen Gehaltstarifvertrag, den die bayerischen Verleger nur zum Preis eines verschlechterten Manteltarifvertrages neu abschließen wollen. Die Verhandlungen stocken seit Monaten. So ähnlich sieht es auch für Zeitungsredaktionen aus. Seit August letzten Jahres ist es Zeit für Tariferhöhungen der Gehälter und Honorare. Die dju in ver.di fordert 5,5 % Erhöhung. Die Verleger bieten jedoch nur maximal 1,4 % mehr Geld frühestens ab 2015, eine Einmalzahlung und dazu eine lange Laufzeit von drei Jahren. Außerdem soll in vielen Verlagen vor allem in Norddeutschland noch nicht einmal dieses Angebot gelten, sondern bedingt durch ein so genanntes Regionalisierungsmodell noch niedriger ausfallen. Das ist inakzeptabel auch vor dem Hintergrund, dass der BDZV sowohl im Gehaltstarifvertrag wie im Manteltarifvertrag schwerwiegende Einschnitte fordert. Neue Redakteurinnen und Redakteure sollen nach diesen Verleger-Vorstellungen nicht nur weniger verdienen, sondern dafür auch noch weniger Urlaub haben. Alle Redakteurinnen und Redakteure sollen weniger Urlaubsgeld und Jahresleistung erhalten, zwischen 15 und 18 % weniger.

Keine Spur eines Entegenkommens der Verlegervertreter gibt es bisher in der Frage, ob die vielen Kolleginnen und Kollegen, die als Onlineredakteure oder Print- und Fotojournalisten in ausgelagerten Redaktionsgesellschaften arbeiten, effektiv in den Geltungsbereich des Tarifvertrages einbezogen werden sollen. Auch hier will der BDZV tricksen. Demnach blieben die Onliner beispielsweise bei DuMont in Köln, die als zentrale Onlineredaktionen für alle Titel der Zeitungsgruppe tätig sind, auch weiterhin von der Tarifbindung ausgeschlossen.

Kein Wunder, dass in NRW die Streikwoche mit über 300 Beteiligten aus Zeitungsredaktionen ihren Anfang nahm: festangestellte Redakteurinnen und Redakteure, Freie und Pauschalisten. In einer Streikversammlung in Schwerte kamen Streikende aus den folgenden Zeitungen zusammen: BILD (nur Redaktionen in NRW), Bonner Rundschau, Dattelner Morgenpost, Der Patriot, Express, Hellweger Anzeiger, Hertener Allgemeine, Iserlohner Kreisanzeiger, Kölner Stadt-Anzeiger, Kölnische Rundschau, Marler Zeitung, Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung, Recklinghäuser Zeitung, Rheinische Post, Stimberg Zeitung, Waltroper Zeitung, Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Westdeutsche Zeitung, Westfalenpost.

Zu den Streikenden war der dju-Bundesvorsitzende Uli Janßen nach Schwerte gereist und machte unmissverständlich deutlich, worum es in dieser Tarifauseinandersetzung für die Redakteurinnen und Redakteure geht: „Ja: Wir haben unsere Geldbörsen zu verteidigen – und das ist alles andere als ehrenrührig. Aber wir haben noch mehr zu verteidigen als Geld. Unseren Beruf, den wir lieben. Und das soll so bleiben.“ Und in Richtung der Zeitungsverleger und ihre Verantwortung als Presseverleger und zugleich wirtschaftlich denkende Unternehmensverantwortliche appelliert Janßen: „Wer kürzt und kürzt und kürzt, entwickelt sich auf Dauer vom Journalismus-Unternehmer zum Journalismus-Unterlasser.“ Die Veranstaltung in Schwerte war ein Auftakt der Streikwelle in dieser Woche.

In Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in Nordrhein-Westfalen werden die Streiks, Kundgebungen und Proteste heute und an den kommenden Tagen fort gesetzt. Das deutlich wahrnehmbare Signal der Kolleginnen und Kollegen vor den nächsten Verhandlungsrunden für die Druckindustrie, für die Redakteurinnen und Redakteure und Freien bei Tageszeitungen und für die Verlagsangestellten sollte bei den Arbeitgebern ankommen: Wir erwarten spürbar mehr Geld und eine Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen. Wer kürzen und verschlechtern will, kann sich auf unseren Widerstand einstellen!