dju weist pauschalen Vorwurf des Steuerbetrugs von freien Journalistinnen und Journalisten zurück

10.10.2018

Offener Brief des dju-Bundesvorstands zur Sendung "Hart, aber fair" vom 8. Oktober 2018 - Nur wenige Freie gehören wirklich zu den "Besserverdienern"

Der Bundesvorstand der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union dju in ver.di zeigt sich empört über den pauschalen Vorwurf, freie Journalistinnen und Journalisten würden, wie in der Sendung "Hart aber fair" am 8. Oktober 2018 geäußert, als "Besserverdiener" viele Möglichkeiten nutzen, um Steuern zu vermeiden, etwa durch angebliche Rechnungen für Geschäftsessen. Abgesehen von diesem Verdacht hätte sich der dju-Bundesvorstand auch eine bessere Recherche zu den wirklichen Honoraren und Arbeitsbedingungen der meisten freien Kolleginnen und Kollegen  durch die Redaktion der Sendung gewünscht:

"Liebe Kolleginnen und Kollegen,

'Warum haben eigentlich die Besserverdiener so viele Möglichkeiten, den Staat auszutricksen?' Dieser Frage ist 'Hart aber fair' in der Ausgabe von Montag, 8. Oktober 2018, zum Thema 'Der Staat schwimmt im Geld – aber warum haben die Bürger so wenig davon?' nachgegangen.

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) beschäftigt sich als Teil der Gewerkschaft ver.di immer wieder mit dieser Fragestellung, weil eine gerechte und solidarische Verteilung der gesellschaftlichen Lasten eines unserer zentralen Anliegen ist. Uns würde es dabei allerdings nicht einfallen, freie Journalistinnen und Journalisten zum Teil des Problems zu machen, so wie dies in der gestrigen Sendung zu unserem großen Erstaunen und zu unserer Verärgerung geschehen ist. Etwa ab Sendeminute 51:00 werden freie Journalistinnen und Journalisten dort in einem Einspieler zum einen als Beispiel für eine Berufsgruppe genannt, die zu den 'Besserverdienern' gehört, zum anderen wird ihnen pauschal unterstellt, sich bei der Steuererklärung – vorsichtig formuliert – unehrlich zu verhalten.

Beides Bedarf der Richtigstellung: Die Behauptung, freie Journalistinnen und Journalisten würden private Restaurantbesuche in unschöner Regelmäßigkeit steuerlich zu geschäftlichen Essen mit Informanten deklarieren und damit ihre Steuerschuld verringern, ist in dieser Form eine nicht zulässige Tatsachenbehauptung. Es mag sein, dass es unter unseren Kolleginnen und Kollegen den einen oder die andere gibt, die so etwas praktizieren. Das rechtfertigt aber nicht, einer ganzen Berufsgruppe ein solches Fehlverhalten zu unterstellen. Damit verletzt die Redaktion nicht nur ihre journalistische Sorgfaltspflicht. Sie diskreditiert eine Berufsgruppe – ihre eigene –, die sich in der Öffentlichkeit zurzeit ohnehin gegen viele ungerechtfertigte Vorwürfe zur Wehr setzen muss, in unerträglicher Weise.

Wenig mit der Realität zu tun hat – leider – auch die pauschale Einordnung freier Journalistinnen und Journalisten in die Gruppe der Besserverdiener. Mag sein, dass auch dies auf einige wenige Kolleginnen und Kollegen zutrifft, möglicherweise auch auf Frank Plasberg. Für das Gros der Freiberufler unter den Journalisten trifft das aber nicht zu. Viele von ihnen können angesichts beschämend niedriger Honorare vor allem bei den Tageszeitungen, aber auch bei privaten Radio- und Fernsehsendern inzwischen vom Journalismus allein nicht mehr leben.

Und auch bei den öffentlich-rechtlichen Sendern gehört der überwiegende Teil der mehr oder weniger freien Journalistinnen und Journalisten nicht zu den Groß- oder Besserverdienern. Dieser Umstand sollte der „Hart aber fair“-Redaktion bekannt sein. Wenn nicht, dann hätten es Redlichkeit und journalistische Sorgfaltspflicht geboten, sich über die Arbeitsbedingungen von freien Journalistinnen und Journalisten zu informieren.

Ein bisschen Recherche, gerne auch ein Anruf bei der dju in ver.di, die sich vehement für bessere Arbeitsbedingungen unserer freiberuflichen und festangestellten Kolleginnen und Kollegen einsetzt, und die Behauptung, dass es sich bei den journalistischen Freiberuflern um Besserverdiener handelt, wäre vom Tisch gewesen. Leider hat dies die Redaktion bei der Vorbereitung der besagten Sendung offenbar unterlassen.

Von Kolleginnen und Kollegen, die sich mit den Attributen 'hart, aber fair' schmücken, empfinden wir dies als ausgesprochen unfair.

Mit kollegialen Grüßen,

gez.

Gundula Lasch, Vertreterin der Freien im Bundesvorstand der dju in ver.di und
Peter Freitag, geschäftsführender Vorstand der dju in ver.di"