Ungarn: Demokratie in Gefahr

04.08.2014
Ungarn: Orban

Demokratie in Gefahr: Pressefreiheit vs. politische Kontrolle in Ungarn


Ungarn rangiert in der Rangliste der Pressefreiheit 2014 von Reporter ohne Grenzen auf Platz 64. Im Vergleich zum Vorjahr rutschte das Land sogar um sieben Plätze ab. Hauptgrund für das schlechte Ranking ist die Politik des ungarischen
Ministerpräsidenten Viktor Orbán und seiner Regierungspartei Fidesz, die im Umgang mit Presse- und Meinungsfreiheit immer stärker diktatorische Züge aufweist.

Deshalb organisiert die Europäische Bürgerinitiative für Medienpluralismus (EIMP) am Donnerstag, den 07. August 2014, um 16:00 Uhr eine Demonstration vor der ungarischen Botschaft in Berlin-Mitte: Unter den Linden 76, 10117 Berlin. Unterstützt wird die EIMP in Deutschland durchdie Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) in ver.di, den Deutschen Journalistenverband (DJV),  sowie durch das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung (n-ost).

Seit der Einführung des neuen Mediengesetzes im Dezember 2010 hebelt die ungarische Regierung die Grundrechte auf Presse- und Informationsfreiheit systematisch aus. Ein Beispiel dafür ist die ungarische Medienkontrollbehörde, deren Leiter direkt von Orbán
ernannt wird. So kann die Regierung in Sofia die Medien in ihrem Sinne beeinflussen, denn das staatliche Kontrollorgan vergibt unter anderem die Sendelizenzen und -frequenzen für Radio und Fernsehen, wacht über die Inhalte in der Presse und kann rechtliche Schritte gegen Journalisten einleiten, die mit ihrer Berichterstattung gegen die Vorgaben des Mediengesetzes verstoßen. Zudem wurden die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten fast ausschließlich mit linientreuen Journalisten besetzt und Kritiker entlassen. Rund 1.000 Journalisten mussten in den letzten Jahren ihre Posten räumen.

Die Medien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dürfen ihre Info rmationen nur noch zentral über die staatliche Nachrichtenagentur beziehen. Aber auch die privaten Medien werden durch die Regierung auf Kurs gebracht. So kontrollieren Staatsunternehmen und regierungstreue Oligarchen den Werbemarkt und entziehen den unabhängigen Medien durch die Nicht-Vergabe von Werbeaufträgen ihre finanzielle Grundlage. Zudem regiert in der Medienlandschaft ein Klima der Selbstzensur, befeuert von der Angst vor Jobverlust und zivil- oder strafrechtlicher Verfolgung aufgrund kritischer Berichterstattung.

Jetzt könnte ein neues Steuergesetz sogar zur Schließung der letzten freien Medien in Ungarn führen. Es geht dabei um eine Werbesteuer, durch die Werbeeinnahmen der Medien mit bis zu 40 Prozent besteuert werden sollen. Unzählige Medien haben gegen dieses Vorhaben protestiert: Zeitungen erschienen mit geschwärzten oder leeren Titelseiten, Fernsehsender legten aus Protest Sendepausen ein. Wie Orbán die Zukunft seines Landes sieht, kündigte er in einer Rede vor gut einer Woche an: "Die liberale Demokratie ist am Ende. Sie garantiert den ungarischen Familien keinen Wohlstand und keinen Schutz der nationalen Interessen
mehr. Der ungarische Staat wird sich nicht weiter an liberale Werte halten", so der ungarische Präsident. Vorbilder seien nun Länder wie Russland oder China.

"Zwar hatte sich die EU einst medienwirksam über das ungarische Mediengesetz empört, getan hat sie bis heute aber wenig", beklagt Hilde van Meegdenburg, EU-Koordinatorin der EIMP. So drifte Ungarn immer mehr in Richtung einer gelenkten Demokratie ab, "in der die Grundrechte auf Pressefreiheit und Medienvielfalt völlig ausgehebelt werden".

Übrigens: Nicht vergessen zu unterzeichnen für die Europäische Bürgerinitiative für Medienpluralismus