Anlässlich des heute beginnenden Trilog-Verfahrens zur Anti-SLAPP-Richtlinie hat sich die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di an Bundesjustizminister Marco Buschmann gewandt. Gemeinsam mit einem Bündnis aus Nichtregierungsorganisationen aus dem Informationsfreiheits- und Umweltschutzbereich kritisiert die dju in einem offenen Brief den Entwurfsstand der Europäischen Richtlinie gegen Einschüchterungsklagen (Anti-SLAPP-Richtlinie), die zuletzt vom Ministerrat, an dem auch der deutsche Justizminister teilnimmt, erheblich verwässert wurde.
Die geplante Richtlinie soll das in der EU weit verbreitete Problem strategischer, missbräuchlicher Klagen gegen zivilgesellschaftliche Akteur*innen (Strategic Lawsuits Against Public Participation, „SLAPP“) eindämmen. Mit dem aktuellen Entwurfstext würde jedoch nur ein Bruchteil der tatsächlichen SLAPPs als solche eingeordnet werden. So sollen nur noch Fälle in bestimmten internationalen Konstellationen unter die Richtlinie fallen, was 90 Prozent der tatsächlichen SLAPPs in Europa ausschließt. Auch wird die Hürde, als „offensichtlich unbegründete“ Klage zu gelten, so hoch gehängt, dass eine Verbesserung gegenüber der bestehenden Rechtslage etwa in Deutschland kaum zu erkennen ist. Schließlich hat der Ministerrat auch den Anspruch auf Entschädigung für durch missbräuchliche Klagen erlittene Schäden aus dem Entwurfstext gestrichen.
Christoph Schmitz, für Medien zuständiges Mitglied des ver.di-Bundesvorstands: „Wenn finanzstarke Akteur*innen oder Kräfte von Rechts den öffentlichen Diskurs ersticken wollen, braucht es solide, juristische Antworten. Stattdessen verwässert der Ministerrat die Anti-SLAPP-Richtlinie erheblich – ein Bärendienst für die aufgeklärte Öffentlichkeit, von der Demokratien leben. Einschüchterungsklagen sind zutiefst undemokratisch. Solch missbräuchlicher Praxis muss ein Riegel vorgeschoben werden. Die EU-Institutionen sollten sich im anstehenden Trilog-Verfahren auf das eigentliche Ziel der Anti-SLAPP-Richtlinie zurückbesinnen: die Stärkung der Demokratie in Europa.“
Dass juristische Angriffe von rechter Seite in Deutschland zunehmend eingesetzt werden, zeigte zuletzt eine Dunkelfeldstudie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) Jena. Zu Bekanntheit brachte es auch das Vorgehen der Familie Hohenzollern, die reihenweise Abmahnungen an Personen aus Wissenschaft und Medien verschickte, die sich öffentlich mit ihren Restitutionsforderungen auseinandersetzten.
Weitere Informationen und Link zum Offenen Brief an den Bundesjustizminister
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