Während der Räumung von Lützerath hatte die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union(dju) in ver.di NRW einen Beobachter und Unterstützer vor Ort, um die Pressefreiheit zu gewährleisten. Hierdurch konnte zahlreichen Journalistinnen und Journalisten bei Konflikten mit der Polizei und RWE geholfen und Probleme gelöst werden. Zudem hat dju in ver.di NRW Übergriffe auf Medienvertreter durch RWE beauftragte Security-Firmen, die Polizei und Demonstrierende dokumentiert. Trotz der zahlreichen Konflikte ist es gelungen, immer im Dialog mit den Verantwortlichen von RWE und der Polizei zu bleiben.
Wir ziehen am Ende der Räumung und Protestaktion eine negative Bilanz für die Pressefreiheit. Vor Ort waren mind. 800 Medienvertreter von nationalen und internationalen Medien aller Tendenzen und Formate.
Positiv und überwiegend pressefreundlich waren die guten Arbeitsbedingungen für die Journalistinnen und Journalisten innerhalb des Dorfes Lützerath. Zeitweise gab es für Pressevertreter während laufender polizeilicher Maßnahmen keinen Zugang zu den Hallen und einer Scheune im Dorf, wo es nach den vorliegenden Informationen im Rahmen der Räumung mutmaßlich zu Körperverletzungen im Amt und gefährlichem Verhalten durch die Polizei gegenüber Protestierenden kam. Hierüber konnte auf Grund von fehlender Transparenz nicht unabhängig berichtet werden.
Als Einschränkungen in der Pressefreiheit bewertet die dju:
1. Akkreditierungsverfahren durch die Polizei
2. Zwang, eine Haftungsvereinbarung gegenüber RWE zu unterzeichnen
3. Hintergrundcheck und Abfrage von Datenbanken durch die Polizei unmittelbar nach der Akkreditierung von Journalist*innen
4. Mindestens fünf körperliche Angriffe auf Journalist*innen durch die Polizei bzw. RWE beauftragte Security
5. Ausspruch eines Platzverweises und zeitweiser Entzug der Akkreditierung gegenüber zwei Journalist*innen durch die Polizei
6. Nachträglicher unbefristeter Entzug der Akkreditierung mindestens zweier Journalist*innen durch die Polizei
7. Fehlende zusätzliche Eingänge nach Lützerath für Journalist*innen
8. Sexualisierte Beleidigungen durch RWE beauftragte Security gegenüber Journalistinnen
9. Wiederholte Schließung des Zugangs nach Lützerath für Journalist*innen, teilweise mehr als eine Stunde durch Polizei, bzw. RWE beauftragte Security
10. Unterbindung des Pendelns durch die Polizei zwischen Lützerath und Keyenberg (um über eine Demonstration berichten zu können) für etwa 1,5 Stunden
11. Gefährderansprache der Polizei gegenüber einer Journalistin aufgrund von „Erkenntnissen aus polizeilicher Datenbank“
12. Schikanöse Anweisungen der Polizei, nicht die Straße oder den Erdwall begehen zu dürfen, sondern nur die schlammigen Felder der Bauern
13. Pressevertreter werden am Samstag in der Nähe der Demonstration vom Polizeipräsidenten Weinspach weggeschickt und Personenschützer rempelt Journalist an
14. Sexueller Übergriff auf eine Journalistin durch einen Polizeibeamten (Hand am Po im Vorbeigehen)
Am Mittwoch kam es vor und während der ersten Stunden der Räumung zu zahlreichen gefährlichen Situationen für die Medienvertreter, die zwischen die Fronten der Polizei und Protestierenden gekommen waren. Ein gezielter Bewurf von Journalist*innen mit Flaschen oder Feuerwerkskörpern konnten wir nicht feststellen.
Im Rahmen der großen Demonstration "Räumung verhindern! Für Klimagerechtigkeit" hat eine Gruppe von Teilnehmern ein Kamerateam des rechten niederländischen Senders PowNed körperlich angegriffen. Zudem hat die Polizei mindestens zwei Pressefotograf*innen körperlich angegangen, teilweise umgestoßen und weitere Journalist*innen mit körperlicher Gewalt bedroht. Mindestens drei Journalist*innen erlitten Atemwegsreizungen durch Pfefferspray.
Trotz der guten Arbeitsbedingungen im Innern des Dorfes Lützerath ziehen wir eine negative Bilanz in Sachen „Pressefreiheit“. Die Grundrechtseingriffe in die Pressefreiheit durch den zeitweisen Zwang zur polizeilichen Akkreditierung, der auch zur intransparenten Datenbankabfrage genutzt wurde, die Körperverletzungen durch RWE Security und die Polizei sowie das teilweise schikanöse Verhalten der Einsatzkräfte sind wesentliche Einschränkungen der Pressefreiheit.
Kontakt:
Jörg Reichel
Mobil 0151-62425560
E-Mail: joerg.reichel@verdi.de
Udo Milbret
ver.di Landesbezirk Nordrhein-Westfalen
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