„Es kann uns kein Trost sein, wenn es in anderen Ländern um die Pressefreiheit noch deutlich schlechter bestellt ist als bei uns“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Journalistinnenund Journalisten-Union (dju) in ver.di, Ulrich Janßen, aus Anlass des internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai. In einer funktionierenden Demokratie müsste ein solcher Tag eigentlich ein Festtag sein, „ein Grund zum Feiern, aber davon sind wir angesichts unzähliger Übergriffe auf Medienschaffende bei Demonstrationen, mangelnden Schutz durch die Einsatzkräfte und eingeschränkte Zugangs- und Informationsrechte für Journalisten zurzeit ziemlich weit entfernt“, so der dju-Vorsitzende.
Auch die prekäre wirtschaftliche Situation vor allem freier Journalistinnen und Journalisten laufe der in Artikel 5 des Grundgesetzes verankerten Pressefreiheit zuwider. „Nicht ohne Grund ist Deutschland in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen von Platz 12 auf Platz 16 gefallen“, erklärte Janßen. Die Zahl der gegen Journalisten gerichteten Bedrohungen und Übergriffe sei unübersehbar gestiegen. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, brauche es entschiedenes, rechtstaatliches Handeln. „Und wir brauchen Medienunternehmen die sich ihrer publizistischen Verantwortung in der Demokratie bewusst sind“, forderte Janßen.
Der dju-Vorsitzende kritisierte den Umgang der Bundesregierung mit dem Fall Böhmermann. In dieser Sache hätte die dju in ver.di „ein unmissverständliches Handeln für die Medienfreiheit und ein unmissverständliches Signal gegen den türkischen Staatspräsidenten Erdogan erwartet.“ Die türkische Regierung missachte Presse- und Meinungsfreiheit seit Jahren. Noch immer seien in der Türkei etwa 20 Journalisten im Gefängnis – ohne rechtstaatliche Gerichtsverfahren. Die Verfolgung und Inhaftierung Medienschaffender habe sogar zugenommen. „In der Türkei fürchten kritische Journalisten um ihre Sicherheit.“ Auch Repressalien gegen ausländische Berichterstatter nähmen zu. Allein in den letzten zwei Wochen seien zwei Kollegen an der Einreise und damit an ihrer Arbeit gehindert worden, sagte Janßen.
In einer solchen Lage seien Schweigen gefährlich und „wohlklingende Plädoyers für die Pressefreiheit“ zu wenig. Dies gelte auch für die Europäische Gemeinschaft. Die jüngste Initiative des EU-Rats zur Stärkung der Pressefreiheit nannte Janßen richtig. Im Widerspruch dazu stehe aber die tags darauf verabschiedete Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen, die investigativen Journalismus erschwere. „Das Bekenntnis zur Pressefreiheit ist notwendig, muss aber auch immer in konkretes Handeln münden, sei es in den EU-Institutionen oder in den Mitgliedsstaaten wie Ungarn oder Polen“, forderte Janßen. „Pressefreiheit ist ein unentbehrliches Gut, das wir täglich aufs Neue verteidigen müssen, im Ausland ebenso wie hierzulande“, sagte Janßen.
Der internationale Tag der Pressefreiheit sei auch eine Mahnung zum sorgfältigen Umgang mit dieser Errungenschaft. Angesichts der digitalen Umbrüche in der Medienlandschaft und der wachsenden Bedeutung der sozialen Medien gelte es auch, die gesellschaftliche Akzeptanz des Journalismus‘ zu stärken. Das müsse schon in der Schule ein Thema sein, forderte Janßen: „Pressefreiheit der Medien
und Medienkompetenz der Nutzer sind in der Demokratie systemrelevant.“
Hinweis für die Redaktionen:
In der medienpolitischen online-Publikation von ver.di, Menschen Machen Medien, startet morgen (3. Mai 2016) unter https://mmm.verdi.de/forum/ eine Diskussion über den Stellenwert und die Bedrohung von Pressefreiheit. Aktuelle Informationen über Veranstaltungen, Angebote und Fragestellungen rund um das Thema Pressefreiheit finden Sie unter
https://dju.verdi.de/ueber-uns/pressefreiheit.
Monique Hofmann
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