Mit großem Respekt vor der Arbeit des Deutschen Presserat würdigt die Deutsche Journalistinnen- und Journalistenunion (dju) in ver.di den am Mittwoch, den 28. Februar, vorgelegten Jahresbericht des für Print- und Onlinejournalismus zuständigen Kontrollorgans. Der Bericht für das Jahr 2023 legt eine bisher noch nicht erreichte Anzahl an Rügen dar und zeigt auf, an welchen Stellen es den gerügten Artikeln an Sorgfalt oder Sachbezug mangelt. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 73 Rügen ausgesprochen, im Vorjahr waren es 47. Besorgniserregend: Vor allem mehr Rügen wegen mangelnder Recherche wurden vom freiwilligen Kontrollorgan der Presse ausgesprochen. So wurde etwa unterlassen, Beschuldigte oder Verdächtige zum Sachverhalt zu befragen oder Stellungnahmen vor Veröffentlichung eines Artikels zu erfragen.
„Die Grundlage für Journalismus ist Glaubwürdigkeit in allen Belangen, sei es in Überschriften, beim Wahrheitsgehalt von Recherchen und sachlich korrekten Beiträgen, auch wenn diese unter zunehmendem Zeitdruck und Stress produziert werden. Das Einhalten der journalistischen Sorgfaltspflicht macht den Unterschied zwischen unabhängigen Journalismus oder Content und Meinungsmache aus. Es geht bei der journalistischen Ethik auch um das Vertrauen in die Medien und in journalistische Angebote“, sagt Tina Groll, Bundesvorsitzende der dju in ver.di.
Verlage und Redaktionen würden zurecht gerügt, wenn um den Preis mangelnder Sorgfalt Artikel überzogen betitelt werden, um im Aufmerksamkeitsmarkt der Medienangebote Leser*innen anzuziehen. Der Presserat, besetzt mit journalistischen Expert*innen aus Gewerkschaften und Verlagen, forderte im letzten Jahr so häufig wie nie auf, dass rügenswerte Artikel dem Publikum transparent gemacht werden. „Wir wissen, dass in Redaktionen eine sehr bewusste Aufarbeitung von Rügen stattfindet und damit ein Ansporn gesetzt wird, um den eigenen ethischen Ansprüchen und den Glaubwürdigkeitserwartungen der Leser*innen besser gerecht zu werden“, erklärt Groll. „In Zeiten, in denen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus erstarken, sind Verkürzungen bei der Berichterstattung mit Zusammenhängen zur Migrationsthematik gefährlich. Genau hinschauen und sorgfältig berichten, ist daher so wichtig wie nie.“ Es brauche daher Selbstkritik und die anerkannte Kontrollinstanz Presserat, wenn gegen die journalistischen Berufsstandards verstoßen worden sein sollte.
Siehe dazu auch die Pressemitteilung des deutschen Presserats vom 28. Februar 2024:
"Presserat erteilt 2023 mehr Rügen als je zuvor"
und den Bericht in M - Menschen Machen Medien
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Transparenzhinweis: Die dju in ver.di ist einer von vier Trägern des Presserats. Tina Groll ist Mitglied im Deutschen Presserat im Beschwerdeausschuss 3, der sich mit Fällen von Schleichwerbung beschäftigt und im Ausschuss für Redaktionsdatenschutz.
Matthias von Fintel
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