Verfassungsschutzgesetz: ver.di appelliert an Bundestag, umstrittenes Gesetz nicht zu verabschieden

Pressemitteilung vom 09.06.2021

Gesetzesentwurf sieht schweren Eingriff in Grundrechte wie Pressefreiheit vor - Auch Journalist*innen sollen abgehört werden können

Die Vereinte Dienstleitungsgewerkschaft (ver.di) kritisiert den Gesetzentwurf zur Anpassung des Verfassungsschutzrechts als schweren Eingriff in das IT-Grundrecht sowie die Grundrechte auf Telekommunikationsfreiheit und Pressefreiheit. Das von zahlreichen Sachverständigen als verfassungswidrig eingeschätzte Gesetz räumt den 19 Nachrichtendiensten mit der sogenannten Quellen-TKÜ-plus weitreichende Möglichkeiten der digitalen Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern ein und verpflichtet Netzbetreiber zur Mitwirkung bei diesen Überwachungsmaßnahmen. "Anbieter von Internet-Diensten sollen so zu Erfüllungsgehilfen von Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten gemacht werden. Das würde das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Telekommunikationsanbieter und IT-Sicherheit dramatisch und nachhaltig schädigen", sagte Christoph Schmitz, im ver.di-Bundesvorstand u.a. zuständig für Telekommunikation/Informationstechnologie und Medien.

ver.di fordert die Abgeordneten des Bundestags auf, das Gesetz in der vorliegenden Form bei der für morgen (10. Juni) geplanten Abstimmung abzulehnen. "Das wäre ein Schnellschuss ohne Not und mit unkalkulierbaren Folgen. Weitgehende Überwachungsmöglichkeiten zu gewähren, ohne zugleich die Kontrollmechanismen zu stärken, birgt ein erhebliches Missbrauchsrisiko", warnte Schmitz. Die Möglichkeit für Nachrichtendienste, Sicherheitslücken auszunutzen, gefährdeten zudem die gesamte bundesdeutsche IT-Infrastruktur.

Monique Hofmann, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, verwies auf die Bedrohung der Pressefreiheit: "Auch Journalistinnen und Journalisten sollen nach dem neuen Gesetz überwacht werden dürfen, obwohl sie als Berufsgeheimnisträger zu den besonders geschützten Personengruppen gehören. Das gefährdet vor allem den investigativen Journalismus, der auf eine vertrauliche Kommunikation mit Informantinnen und Informanten angewiesen ist." Schon jetzt gerieten außerdem immer wieder Medienschaffende auf fragwürdigen Grundlagen ins Visier des Verfassungsschutzes. "Statt hier Abhilfe durch mehr Transparenz und Kontrolle zu schaffen, zementiert das Gesetz in der jetzigen Form diesen Missstand", kritisierte Hofmann.

 

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