Verfassungsgericht verhandelt Klage von Journalist*innen und GFF gegen das BND-Gesetz

Pressemitteilung vom 03.12.2019

Das Bundesverfassungsgericht wird am 14. und 15. Januar 2020 über das BND-Gesetz verhandeln. Damit rückt ein Grundsatzurteil über die Befugnisse des Geheimdienstes für dessen globale Massenüberwachung des Datenverkehrs im Internet in greifbare Nähe. Anlass für die Verhandlung ist die Verfassungsbeschwerde eines Bündnisses aus fünf Medienorganisationen, darunter auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, und der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF).

Darf der Bundesnachrichtendienst – so wie es die Bundesregierung derzeit veranlasst – im Ausland praktisch schrankenlos Telefongespräche abhören, Internet-Verkehr auswerten und damit die Privatsphäre von Milliarden Menschen de facto abschaffen? Wie können besonders gefährdete Berufsgruppen wie Journalistinnen und Journalisten vor einer solchen Massenüberwachung geschützt werden? Fragen, über die spätestens seit den Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden weltweit diskutiert wird, werden nun in Karlsruhe verhandelt.

Das erwartete Grundsatzurteil wird das erste zur BND-Überwachung seit über 20 Jahren sein. Damit äußert sich das Bundesverfassungsgericht erstmals im Lichte der durch die Digitalisierung massiv angestiegenen Überwachungsmöglichkeiten zu dem Thema.

Über sieben Jahre, nachdem Edward Snowden ein globales System geheimdienstlicher Massenüberwachung enthüllt hat, dürfte das Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit der deutschen Beteiligung daran höchstrichterlich entscheiden. Im Zuge des NSA-Skandals brachte ein Untersuchungsausschuss des Bundestages nämlich ans Licht, dass der BND als Steigbügelhalter für die NSA fungierte, woraufhin die damalige Große Koalition ein neues BND-Gesetz verabschiedete. Doch anstatt dem Auslandsgeheimdienst klare Schranken zu setzen, legalisierte die Bundesregierung die praktisch flächendeckende Auslandsüberwachung einfach – trotz massiver Proteste aus der Zivilgesellschaft.

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte koordinierte daraufhin ein Bündnis aus international renommierten Journalistinnen und Journalisten sowie Medienorganisationen. Gemeinsam reichten sie Ende 2017 Verfassungsbeschwerde gegen das BND-Gesetz ein. Die Klägerinnen und Kläger fürchten unter anderem eine Aushöhlung des Quellenschutzes: Wenn Geheimdienste jede Kommunikation speichern und auswerten können, verlieren Kontaktpersonen überall auf der Welt sukzessive das Vertrauen in die Medien – im schlimmsten Fall wenden sie sich mit Missständen gar nicht mehr an die Presse. Durch die Hintertür kann der BND damit auch das deutsche Redaktionsgeheimnis aushöhlen, wenn zum Beispiel bei internationalen Großrecherchen wie den Panama-Papers nicht die deutschen Redaktionen, sondern ihre ausländischen Partnermedien abgehorcht werden. Bei der mündlichen Verhandlung wird das Bundesverfassungsgericht nun die Positionen der Verfahrensbeteiligten anhören, Rückfragen stellen und sich Rat von Sachverständigen holen wie zum Beispiel IT-Fachleuten. Einige Wochen später wird der Senat eine Entscheidung fällen und das Urteil öffentlich verkünden.

Hintergrund:

Teil des Bündnisses sind neben der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) auch Reporter ohne Grenzen (ROG), der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), die Deutsche Journalistinnen und Journalisten Union (dju) in ver.di, das Journalistennetzwerk n-ost sowie das netzwerk recherche. Zu den Beschwerdeführerinnen gehören unter anderem die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Khadija Ismayilova. Verfahrensbevollmächtigter ist der Mainzer Hochschullehrer Prof. Dr. Matthias Bäcker.