Bei der juristischen Aufarbeitung eines der größten deutschen Missbrauchsfälle vor dem Landgericht Münster sind die Arbeitsmöglichkeiten von Journalistinnen und Journalisten sehr beschränkt. Dagegen protestiert die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di NRW.
Unter Hinweis auf die Corona-Pandemie und die geltenden Abstands- und Hygieneregeln hatte das Gericht zunächst nur zwei Kamerateams und fünf Berichterstattenden den Zutritt zum Verhandlungssaal genehmigt, die sich nach dem Motto "First come, first served" per Fax beim Gericht um eine Akkreditierung bemühen mussten. Inzwischen wurde die Zahl um zwei erhöht. Auch die Zahl der Kamerateams konnte dank der zum Zuge gekommenen Teams, die nur mit einer statt der erlaubten zwei Kameras filmen, verdoppelt werden.
Nach wie vor wird diese Regelung dem großen öffentlichen Interesse an dem Verfahren nicht gerecht, kritisiert die dju. "Das Gericht muss diesem Interesse Rechnung tragen und zusätzliche Möglichkeiten zur Berichterstattung schaffen", erklärte Hektor Haarkötter, Vorstandssprecher der dju NRW. Es könne nicht sein, dass die wenigen Berichterstattungsplätze nach dem Windhund-Prinzip vergeben werden und andere Redaktionen, die bei dieser Verlosung nicht zum Zuge kommen, außen vor bleiben. Im konkreten Fall führe das dazu, dass eine überregionale Boulevard-Redaktion gleich dreimal zum Zuge kommt: Mit einem Berichterstatter, einem Fotografen und einem Kamerateam für bewegte Bilder.
"Es ist nachvollziehbar, dass im Gerichtssaal wegen der Pandemie weniger Prozessbeobachtende untergebracht werden können. Dann ist das Gericht aber in der Verantwortung, zusätzliche Möglichkeiten zu schaffen", forderte Haarkötter. Denkbar sei etwa, dass wie im Lübke-Mordprozess vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, das Verfahren per Video in einen anderen Raum des Gerichts übertragen werde, in dem weitere Arbeitsplätze zur Berichterstattung zur Verfügung stehen. "Das bedeutet für das Landgericht Münster zwar zugegebenermaßen einen erheblichen Mehraufwand, dieser ist aber zumutbar, weil es gilt, die grundgesetzlich garantierte Pressefreiheit sicherzustellen", so Haarkötter. Bei einem so wichtigen Prozess dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, dass an der Öffentlichkeit vorbei verhandelt werden solle.
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