Volontariat im Journalismus

01.08.2023

Für viele junge Menschen, die im Journalismus Fuß fassen wollen, ist ein Volontariat das erträumte Ziel. Doch wenn es dann geschafft ist, kann das Erwachen aus dem Volo-Traum ziemlich hart werden und sich die Wirklichkeit als viel rauer erweisen als gedacht.

Außer den Anbietern journalistischer Volontariate, die sich nicht an das im Tarifvertrag geregelte Gehalt halten, gibt es auch Ausbildungen, die ein ganz anderes Ziel als den Journalismus habe, sich aber trotzdem Volontariat nennen. In den großen Sendern gibt es Volontariate für wissenschaftliche Dokumentare und Aufnahmeleiterinnen, für Medienarchivare und Requisiteurinnen. Museen suchen Volontäre, PR-Agenturen stellen Volontärinnen ein und auch Schulbuchverlage verwenden für ihren Berufsnachwuchs den Begriff „Volontär“.

Volontariat ist also noch lange nicht gleichbedeutend mit einer journalistischen Ausbildung. Allerdings ist auch dort inhaltliche Vorsicht geboten, wo eine Ausschreibung vielleicht ein journalistisches Umfeld erwarten lässt. ProSiebenSat.1 sucht unter dem Begriff „Volontariat in einer TV-Redaktion“ keineswegs nur künftige Anchorwomen für die Nachrichtensendungen, sondern auch den Nachwuchs für die Comedy-Redaktion. Zusätzlich bietet der private Sender PR-Volontariate an, ebenso wie der öffentlich-rechtliche SWR. Kundenmagazine bilden Volontärinnen aus, Verlage, die Rätselhefte herausgeben, tun es auch. Mancher Anbieter weiß auch selbst nicht so genau, was er eigentlich meint und benutzt die Begriffe Volontariat und Praktikum schon in der Stellenanzeige schön durcheinander.

 

Der Volo-Ratgeber der dju in ver.di zeigt, wie gute Ausbildung aussehen kann und soll. Damit will er Bewerberinnen und Bewerbern helfen, Angebote besser einzuschätzen. Informationen und Anregungen sollen die Volos dabei unterstützen, die ihnen zukommende Betreuung in den Redaktionen einzufordern, wenn die Ausbildung innerhalb des Volontariats zu wünschen lässt. Der Volo-Ratgeber will den journalistischen Nachwuchs begleiten bei den ersten professionellen Schritten im Beruf, sei es in der Redaktion oder als Freiberufler. Nur wer weiß, wie ein gutes, den Tarifverträgen entsprechendes Volontariat aussieht, kann das kaschierte Praktikum von der soliden Ausbildung unterscheiden.

Tarifvertrag 2016 novelliert

Das Volontariat an Tageszeitungen ist seit 1990 durch einen Tarifvertrag geregelt und wurde Ende 2016 novelliert, um die Ausbildung an die vielen Veränderungen in der Medienbranche anzupassen. Der Grund war die zwischen Journalistengewerkschaften und Verlegern herrschende Übereinstimmung, dass trotz des freien Zugangs zum Journalistenberuf eine systematische Ausbildung in Theorie und Praxis wichtig ist. Der modernisierte Tarifvertrag, der sich auch den digitalen Medien stärker zuwendet, hat als Anhang einen Musterausbildungplan, der die grundsätzlichen Anforderungen sowie viele Themenvorschläge für die innerbetriebliche Ausbildung auflistet.

Im gleichen Jahr 1990 wurde auch der Volontärstarifvertrag für Zeitschriften abgeschlossen, der bisher noch nicht novelliert wurde.

Die Tarifverträge sowie der Musterausbildungsplan für Tageszeitungen sind hier zu finden.

 

Einige Regeln

  • Ein Volontär, eine Volontärin sollte 20 Jahre alt, jedoch  mindestens volljährig sein. 
  • Die Ausbildung dauert zwei Jahre, bei abgeschlossenem Studium kann das Volontariat auf kürzestens 15 Monate vereinbart werden. Bei Zusatzstationen kann das Volontariat um bis zu drei Monate verlängert werden.
  • In der Ausbildung sollen mindestens drei Ressorts durchlaufen werden: Lokales, Politik und ein drittes Ressort. Dabei soll sich die Ausbildung nicht auf das Printmedium beschränken, sondern auch auf den Internetauftritt und Social Medie beziehen.
  • Die Volontäre sollen von einem/r Ausbildungsredakteur/in betreut werden, ihre Zahl sollte in vernünftigem Verhältnis zur Zahl der Redakteurinnen und Redakteure stehen (drei Redakteure zu einem Volontär, bei mehr als vier Volontären vier Redakteure zu einem Volontär).
  • Es soll mindestens ein Volontärstag pro Monat für die Ausbildung in der Redaktion organisiert werden.
  • Die Volontärinnen und Volontäre sollen sechs Wochen außerbetriebliche Ausbildung erhalten. Vier Wochen sind zumeist in den Grundkursen der Presseakademien abzuleisten, die restlichen zwei Wochen können auch auf Vorschlag des Volontärs gestaltet werden (weitere Kurse, Radio, Nachrichtenagentur, Pressestelle etc.).
  • Volontäre dürfen keine presserechtliche Verantwortung übernehmen und nicht auf Dauer die Arbeit von Redakteuren leisten.
  • Zum Abschluss des Volontariats erhalten die Volontäre ein Zeugnis, in dem ihre fachlichen Kenntnisse und die Stationen ihrer Ausbildung dargestellt sind.
  • Die Bezahlung der Volontärinnen und Volontäre richtet sich nach Alter und ersten oder zweitem Ausbildungsjahr sowie nach den Tarifverhandlungen für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen.

 

AKTUELLE VOLOGEHÄLTER

Tageszeitungen:

  • 2202 € im 1. Ausbildungsjahr
  • 2521 € im 2. Ausbildungsjahr

Zeitschriften:
(nach vollendetem 22. Lebensjahr)

  • 2237 € im 1. Ausbildungsjahr
  • 2513 € im 2. Ausbildungsjahr

Privatfunk:

  • 1871 € im 1. Ausbildungsjahr
  • 2198 € im 2. Ausbildungsjahr

für Volos mit berufsbegleitender Ausbildung an einer Berufsakademie, Journalistenakademie:

  • 1602 € im 1. Ausbildungsjahr
  • 1871 € im  2.Ausbildungsjahr

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: 

Deutschlandradio bietet 2.173 Euro im 1. und 2. Halbjahr, 2.266 Euro im 3. Halbjahr, der Westdeutsche Rundfunk 2.059 € monatlich im ersten und 2.166,10 € im zweiten Jahr. Der Bayerische Rundfunk hat folgende Staffel: 1. bis 6. Monat: 1.855,00 Euro, 7. bis 12. Monat: 2.055,00 Euro, 13. bis 24. Monat:2.252,00 Euro. Der NDR zahlt im 1. Halbjahr 1.684,05 Euro, im 2. Halbjahr 1.770,76 Euro, im 3. Halbjahr 1.857,47 Euro, im 4. Halbjahr 1.944,18 Euro.

Andere Sender haben teilweise niedrigere Sätze.

Eine Ausnahme ist der RBB mit seiner Electronic Media School, die eine monatliche Ausbildungsvergütung von 1400 Euro in den ersten zehn Monaten und 1600 Euro in den zweiten zehn Monaten zahlt.

Stand: 1.6.2023