Medientipps für Berufseinsteiger*innen

01.08.2023

Es gib nicht den einen Weg Fuß zu fassen im Journalismus, es gibt viele. Es gibt nicht das eine Studium, das für den Berufsweg qualifiziert, sondern jedes Studienfach kann ein Sprungbrett sein. Und so, wie es viele verschiedene Medien und Themen gibt, so gibt es verschiedene Auftraggeber, Möglichkeiten der Akquise, Tätigkeitsfelder für gelernte Journalistinnen und Journalisten, PR-Fachleute, Kommunikationswissenschaftler. Interessante Medien für den Berufseinstieg wollen wir hier vorstellen.

 

 

  • Das einzig wahre Faktencheckbuch
    Correctiv Faktencheckbuch

    Detektive auf medialer Zeitreise

    Bastian Schlange, der seit 2014 bei Correctiv als Faktenchecker gearbeitet hat und jetzt im Correctiv-Verlag tätig ist, nimmt uns mit dem „einzig wahren Faktencheckbuch“ mit auf eine Reise durch eine mediale Vergangenheit, die mit der Kandidatur Donald Trumps für das US-Präsidentenamt ihren ersten abstrusen Höhepunkt hat und mit Brexit, Corona, Klimaleugnern, AfD-Aufstieg und Ukraine-Krieg ihre weiteren Stationen bis heute.

    Der reich bebilderte Band präsentiert nicht nur die Detektivarbeit der verschiedenen Redaktionen von Correctiv auf 336 Seiten. Er bietet durch zahlreiche QR-Codes, die zu Quellen, Analysen, Artikelbeispielen, Gerichtsakten oder Studien führen, die Möglichkeit, das Lesevolumen um ein Vielfaches zu vergrößern. Auch zur umfangreichen Bibliographie des Faktencheckbuchs geht es per QR-Code, eine Printausgabe für Internet-Affine sozusagen.

    Schlange lenkt unseren Blick immer wieder auf die gerne im Verborgenen wirkenden Geldgeber wie den US-Milliardär Robert Mercer, der Aktivisten wie Steven Bannon vielfältig unterstützt und dessen Tochter Rebekah in den diversen Firmen eines weit angelegten rechten Netzwerks immer an maßgeblicher Stelle ihre Hand im Spiel hat.

    „Wir von Correctiv spüren Falschbehauptungen nach, stellen uns den Erzeugern entgegen und decken ihre Netzwerke auf“, beschreibt Schlange die Arbeit der Correctiv-Faktenchecker. Welcher Hass den Checker*innen dabei entgegenschlagen kann, zeigen einige der abgedruckten Mails, die vor Beleidigungen nur so strotzen. Um den Falschbehauptungen möglichst frühzeitig entgegentreten zu können, hatte sich Correctiv entschlossen, mit Facebook zusammenzuarbeiten. So können entsprechende Posts mit einer Warnung und Korrektur versehen werden. Der Knackpunkt ist allerdings, dass Facebook Aussagen und Anzeigen von Politiker*innen nicht gecheckt sehen will, was Correctiv für fragwürdig und problematisch wegen deren Reichweite hält.

    Ein Einfallstor für verschwörungsartige Inhalte sieht Schlange im Runterfahren von journalistischer Kompetenz im Lokalen. Deshalb will Correctiv in seinen diversen Projekten nicht nur möglichst viel Medien- und Faktencheck-Kompetenz an Bürgerinnen und Bürger weitergeben, sondern hofft, durch die Einführung der Gemeinnützigkeit im Journalismus die lokale Lücke im Qualitätsjournalismus wieder schließen zu können.

    „Das einzig wahre Faktencheckbuch“ bietet eine spannende und auch erschreckende Lektüre, die einen so schnell nicht loslässt. Es dürfte aber auch zum immer wieder hervorgeholten Nachschlagewerk taugen, wenn man einzelne Punkte vertiefen möchte. Dann werden die vielen QR-Codes auch sicher die Beachtung finden, für die man beim ersten Durchgang noch nicht die Geduld hatte.

    Susanne Stracke-Neumann

    Bastian Schlange: Das einzig wahre Faktencheckbuch. Recherchen, Einblicke und Erfahrungen von Deutschlands erster Faktencheck-Redaktion. Correctiv-Verlag, Essen 2023. 336 Seiten mit zahlreichen Abbildungen und QR-Codes. 24 Euro. ISBN: 978-3-948013-23-3

     

  • Kriegspropaganda und Medienmaipulation

    Propaganda entlarven
     
    Der Historiker Christian Hardinghaus erläutert an zahlreichen Beispielen bis hin zum aktuellen Ukrainekrieg, wie Regierungen Propaganda einsetzen und welche Rolle Medien dabei spielen können. In seinem Ratgeber analysiert er 115 Propagandatechniken, um Bürger*innen über die Manipulationen aufzuklären und appelliert als Journalist an seine Kolleg*innen, die Propaganda der Regierungen nicht zu verstärken, sondern auch in Kriegszeiten kritisch zu bleiben.

    Buchtipp in M Online

     

  • Berufsziel Social Media
    Berufsziel Social Media

    "Die Arbeit mit Sozialen Medien ist immer eine Gratwanderung"

    Über diese Gratwanderung, die als Berufsziel nur mit viel Flexibilität, Humor und einer echten Zugewandtheit zu den Social Media beschritten werden sollte, berichten Stefan Rippler, Nico Lumma und Branko Woischwill in ihrer inzwischen dritten, aktualisierten Auflage "Berufsziel Social Media", erschienen im Verlag Springer Gabler. Dabei erklären sie nicht nur die entstehenden bzw. entstandenen Berufsbilder von Community Manager, Social Media Manager und Social Media Berater, sondern befragen auch viele Expert*innen, die Interessantes aus der eigenen Berufserfahrung weitergeben. So etwa Gregor C. Blach, von der Kommunikationsagentur "We Do", dem das Titelzitat zu verdanken ist. Ganz lautet es: "Die Arbeit mit Sozialen Medien ist immer eine Gratwanderung, es kann schnell Unvorhergesehenes geschehen, auf das reagiert werden muss, das macht jedoch auch den Reiz von sozialen Medien aus."

    Zwei wichtige Punkte in diesem berufsberatenden Buch sind allerdings auch die Überlegung, ob man sich zwar für soziale Medien interessiert, aber auch die Kraft - und die Lust - für das ständige Gefordertsein und das Aushalten von Shitstorms hat. Und der zweite Punkt, den die Autoren im Sinne einer gesunden Work-Life-Balance propagieren ist: Ab 21 Uhr dürfen die Mobilgeräte abgeschaltet werden. Die Welt bzw. das Unternehmen können auch noch am nächsten Morgen gerettet werden.

    Wie wichtig die enge Verbindung zur Unternehmenspolitik, aber auch zu den Menschen im Unternehmen sein muss, betonen die Autoren immer wieder. Denn Nutzer*innen der sozialen Kanäle erwarten schnelle Antworten. Und der zuständige Social-Media-Mensch muss wissen, wo er diese Antworten schnell findet. Interessant ist dabei auch das Interview mit Kai Diekmann, der in seiner Social-Media-Serviceagentur "Storymachine" Unternehmen in den sozialen Kanälen "nach journalistischen Regeln" als "Ghostposter" - oder wie die ZEIT titulierte, als "Scheinfluencer" - herausputzt.

    Die gute Vorbereitung für einen Berufseinstieg in die Sozialen Medien ist die eigene, kreative Erfahrung auf möglichst vielen Kanälen. Welche Vorbildung nötig ist, hängt dann auch von der Branche des Unternehmens ab, das man in den sozialen Kanälen darstellen soll. Aber generell ist der der gute Social-Media-Experte Generalist. oder wie es der bereits erwähnte Gregor Blach ausdrückt: "Der ideale Social Media Mitarbeiter ist Journalist, Redakteur, Texter, Kreativer, Berater, Fotograf, Comedian, Tänzer, Filmemacher und Blogger in Personalunion." Immerhin meint er, für diese eierlegende Wollmilchsau, wie man das ja wohl nennen könnte, seien eine gute "Allgemeinbildung und gesunder Menschenverstand" schon "extrem gute Voraussetzungen". Wie in anderen Berufen sicherlich auch, könnte man sagen. Eines wird aber in dem Buch ganz deutlich: Wer keine echte Affinität zum Twittern und Posten hat und dies eher als eine Sache sieht, die man halt auch noch mitmachen muss, der sollte diese Spezialisierung nicht wählen, auch wenn Social Media gute Berufschancen, auch für Quereinsteiger, bietet. 

    Susanne Stracke-Neumann

    Stefan Rippler, Nico Lumma und Branko Woischwill: Berufsziel Social Media. 3. aktualisierte Auflage, Wiesbaden 2022. Verlag Springer Gabler.
    ISBN 978-3-658-38255-1

     

  • „Rettet die Nachrichten!“

    Wie ein Appell

    Wie ein Appell kommt schon der Titel daher: „Rettet die Nachrichten!“, ruft uns Marco Bertolaso entgegen, seines Zeichens Nachrichtenchef des Deutschlandfunks. Und das ist auch seine Forderung an die Gesellschaft: Nicht nur die Redaktionen, sondern alle – Politik, Wirtschaft, Verbände und die Bürgerinnen und Bürger – müssen ihren Beitrag dazu leisten. In den Mittelpunkt seines Buches stellt er eine schonungslose Analyse des Nachrichtenjournalismus.

    Buchtipp in M - Menschen Machen Medien

     

  • KI im Journalismus richtig nutzen

    Einerseits und andererseits

    Einerseits kann Künstliche Intelligenz (KI) im Journalismus die Arbeit erleichtern, wenn Beiträge automatisch erstellt werden und KI-Systeme große Datenmengen auswerten. Andererseits besteht die Gefahr, von großen Tech-Unternehmen abhängig zu werden und Diskriminierungen Vorschub zu leisten. Im neuen „Whitepaper aus der Plattform lernende Systeme“ wird ausgelotet, wie KI zu einem zeitgemäßen Journalismus beitragen kann, der Medienschaffenden mehr Zeit für kreative und investigative Arbeit verschafft.

    Buchtipp in M - Menschen Machen Medien