dju-Mitgliederbrief März 2017

29.03.2017
dju und Fachgruppe Medien in verdi

                                               

Liebe Kollegin, lieber Kollege,

seit 1. März ist das novellierte Urhebervertragsrecht in Kraft. Wir hatten große Erwartungen an die Neuregelung, schließlich hatten CDU/CSU und SPD doch in ihrem Koalitionsvertrag explizit eine Stärkung der Rechte der Kreativen angekündigt. Schauen wir uns das Resultat nun an, müssen wir feststellen, dass unsere Erwartungen nicht erfüllt wurden. Und dann wurde uns pünktlich zum 28. Februar durch den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) noch ein Schreiben überreicht, in dem die Kündigung der Gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) für Tageszeitungen erklärt wird. Als Begründung wird herangezogen: Die Urheberrechtsnovelle schaffe neue gesetzliche Regelungen, die dies erforderlich machten. Auf Deutsch heißt das, die Tageszeitungsverleger wollten schon mal vorsorglich ausschließen, dass zum Beispiel ver.di mit dem neu geschaffenen Instrument der Verbandsklage den gesetzlichen Anspruch freier Journalistinnen und Journalisten auf angemessene Vergütung wirksam durchsetzt. Oder noch einfacher gesagt: Sie wollen einfach gerne weitermachen mit flächendeckendem Honorardumping.

Aber den gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung gab und gibt es weiter.

Kolleginnen und Kollegen haben in der Vergangenheit ihr Recht auf angemessene Honorare einklagen können und können dies auch in Zukunft tun.

Wir unterstützen unsere Mitglieder natürlich auch weiterhin in diesen Auseinandersetzungen!

Was eine angemessene Vergütung ist, sollen die Sozialpartner auch weiterhin in Vergütungsregeln oder Tarifverträgen definieren. Daher halten wir die Kündigung der GVR für Tageszeitungen für unwirksam. Und sind uns sicher, sowohl die GVR als auch die Honorare, die wir in den Tarifverträgen für arbeitnehmerähnliche Freie (nach §12a Tarifvertragsgesetz) ausgehandelt haben, werden dann zur Festsetzung angemessener Vergütung herangezogen, wenn es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt.

Aber wir wollen noch mehr: Erneuerte Vergütungsregeln für Freie an Tageszeitungen und endlich auch Zeitschriften!

Auf dem Weg dahin führen wir eine Mitgliederbefragung durch, mit der wir mehr über Eure Vorstellungen und Probleme in der Auseinandersetzung um faire Honorare erfahren wollen. Bitte nehmt euch die kurze Zeit dafür: https://dju.verdi.de/freie/++co++28e1a5b8-0d51-11e7-9246-525400afa9cc. Außerdem haben wir unter gvr-dju-aktiv-forum@lists.verdi.de eine Mailing-Liste eingerichtet, in der wir uns mit Euch vernetzen und Aktionen koordinieren wollen. Um sich mit der eigenen Email-Adresse für die Liste einzutragen, bitte eine Email ohne Betreff oder Inhalt an gvr-dju-aktiv-forum-subscribe@lists.verdi.de schicken und auf die automatische Antwortmail warten, in welcher die Aktivierung und Funktionen der Mailing-Liste erläutert werden. Nach Aktivierung kann jedes Mitglied der Mailing-Liste diese anschreiben und erhält alle Nachrichten und Beiträge, die auf diesem Wege geteilt werden. Es können keine Anhänge über 30 KB versandt werden und es werden keine html-Nachrichten, sondern ausschließlich Nur-Text-Nachrichten akzeptiert. Bei Fragen dazu wendet Euch bitte an gvr-dju-aktiv-forum-owner@lists.verdi.de.

Denn ohne Euer Engagement wird es nicht gehen. Wir können keine überzeugenden Ergebnisse am „grünen Tisch“ erzielen, sondern benötigen Eure Unterstützung. Zum Beispiel, indem Ihr gegenüber Euren Auftraggebern Eure Auskunftsansprüche geltend macht, die der Gesetzgeber gestärkt hat: Denn seit dem 1. März 2017 kann jede Urheberin und jeder Urheber von ihrem/seinem Vertragspartner und zusätzlich vom Lizenznehmer des Vertragspartners grundsätzlich einmal jährlich Auskunft darüber verlangen, in welchem Umfang ihr/sein Werk genutzt wurde und welche Erträge und Vorteile damit erzielt wurden. Diese Regelung gilt übrigens für Freie und Festangestellte gleichermaßen, es können also alle mitmachen und damit sowohl politischen als auch wirtschaftlichen Druck erzeugen. Das ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können und wir sollten das tun, denn: Abgewichen werden darf von diesem Anspruch nur durch Vereinbarungen wie einer Vergütungsregel oder einem Tarifvertrag.

Beteiligt Euch und nutzt das Auskunftsrecht! Am besten, Ihr trefft dazu Verabredungen mit Kolleginnen und Kollegen rund um die Häuser Eurer Auftraggeber. Dazu könnt Ihr gerne die von uns eingerichtete Mailing-Liste nutzen. Und bitte verbreitet diese Information weiter - je mehr wir sind, desto stärker sind wir!

Mehr Infos und eine Analyse der Urhebervertragsrechtsnovelle findet Ihr auch regelmäßig in unserer medienpolitischen Zeitschrift M-Online, zum Beispiel hier: https://mmm.verdi.de/medienpolitik/wenig-verbesserung-durch-das-neue-urhebervertragsrecht-37591

Offen ist weiterhin, wie die Verteilung der Einnahmen der Verwertungsgesellschaften in Zukunft aussieht, auch hier hat es ja gesetzliche Änderungen gegeben. Aber der Grundsatz gilt: Alle Urheber_innen haben Ansprüche aus der Zweitverwertung, vollkommen unabhängig von ihrem arbeitsrechtlichen Status. Wir werben als dju in ver.di dafür, das System einer gemeinsamen Wahrnehmung von Rechten der Autor_innen und Verlage zu erhalten, weil nur so eine starke und handlungsfähige Verwertungsgesellschaft fortbestehen kann. Doch das entscheiden nicht wir, sondern die Mitglieder und Delegierten in den Gremien von VG Wort, VG Bild-Kunst und Co. Daher raten wir all unseren Mitgliedern, freien wie fest angestellten, sich an den Veranstaltungen der Verwertungsgesellschaften zu beteiligen. Wer die Voraussetzungen erfüllt, sollte sich auch um eine Mitgliedschaft in der VG Wort kümmern. Dann kann sie oder er mitreden, wo die Weichen für die Zukunft gestellt werden - oder eben die Stimmrechte auf ein anderes Mitglied übertragen. Als nächstes findet die ordentliche Mitgliederversammlung der VG Wort am 20. Mai in München statt. Zur Erinnerung: Mitglied bei der VG Wort kann werden, wer als Journalistin oder Journalist in den letzten drei Jahren im Durchschnitt 400 Euro oder mehr an Ausschüttung erhalten hat. Der entsprechende Antrag muss bis Ostern gestellt sein. Mehr Infos finden sich auf den Webseiten der Verwertungsgesellschaften. Wir verschicken auch weiterhin rechtzeitig die Erinnerungen an die Stimmrechteübertragung.

Nicht erst seit der Verhaftung des Welt-Korrespondenten Deniz Yücel sorgen wir uns um die Pressefreiheit in der Türkei und vor allem um unsere türkischen Kolleginnen und Kollegen. 150 von ihnen sitzen im Gefängnis, da können sie nach den Regeln des Ausnahmezustands, der unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan offenbar zum Normalzustand wird, bis zu fünf Jahre ohne Verfahren festgehalten werden. Deniz Yücel und andere berichten von Einzelhaft, Dunkelheit, katastrophalen hygienischen Bedingungen. Ende Januar haben wir uns mit dem Generalsekretär und dem Präsidenten der türkischen Journalistengewerkschaft TGS, Mustafa Kuleli und Gökhan Durmus, getroffen. Sie waren in Deutschland, um den Willy-Brandt-Preis für besonderen politischen Mut entgegen zu nehmen. Sie haben dem stellvertretenden Vorsitzenden der dju in ver.di, Peter Freitag, und uns berichtet, dass zum einen ihre Hauptsorge der Sicherheit ihrer Mitglieder und ihrer Familien gilt: Aber sie sorgen sich auch um die Informationsfreiheit in ihrem Land, suchen nach Antworten auf die Frage, wie die Türkinnen und Türken noch mit Informationen jenseits der Erdogan-Linie versorgt werden können, nachdem kritische Berichterstattung weitgehend ausgeschaltet wurde. Wir haben eine Kooperation mit der TGS vereinbart und unterstützen Kolleginnen und Kollegen, die ins Exil nach Deutschland geflohen sind und nun versuchen, sich hier eine neue berufliche Existenz aufzubauen. Ganz konkret schreiten wir zum Beispiel bei den Ausländerbehörden ein, wenn Abschiebungen drohen oder eine Arbeitserlaubnis erstritten werden muss. Landauf, landab finden #freedeniz-Aktionen statt und wohl keine, auf der nicht Kolleginnen und Kollegen der dju in ver.di Flagge zeigen. Darüber hinaus übernehmen wir in mehreren Bundesländern Patenschaften für Inhaftierte, starten Postkartenaktionen und Petitionen. Mehr Informationen dazu unter: https://dju.verdi.de/ueber-uns/pressefreiheit/nachrichten-zur-pressefreiheit

Vom 12. bis 14. Mai ist es wieder soweit: In Berlin-Wannsee finden unsere Medientage statt, diesmal mit dem Titel „#krassmedial: Medien, Menschen, Maschinen - wo bleibt die Moral?" blicken wir in diesem Jahr darauf, wie Algorithmen, Hightech und Phänomene wie Social Bots und Fake News den Journalismus und die politische Kommunikation verändern. Dazu haben wir eine Reihe hochkarätiger Referentinnen und Referenten gewinnen können. Das ausführliche Programm und die Online-Anmeldung findet Ihr hier: https://dju.verdi.de/medientage.

Wir greifen damit auch Themen unseres letzten Journalistentags zum Thema Datenjournalismus auf und freuen uns, diese vertiefen und ergänzen zu können. Die Resonanz der rund 200 Teilnehmenden am Journalistentag hat uns gezeigt, wie sehr dieser Aspekt die Branche umtreibt. Verpasst? Hier haben wir alles zusammengefasst https://mmm.verdi.de/beruf/professionell-gegen-hackmac-im-netz-37959. In Kürze veröffentlicht auch epd-Medien wieder eine Dokumentation der gesamten Veranstaltung und der Vortrag unseres Schlussredners Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz wurde bereits bei Zeit Online veröffentlicht. Und die erste M Print 2017 beschäftigt sich in ihrem Schwerpunktthema ebenfalls mit Datenjournalismus. Neben einer Bestandsaufnahme von Lorenz Matzat bietet sie praktische Beispiele und Handreichungen für den Umgang mit Daten sowie einem weiteren Artikel von Reinhard Karger zum Thema Mensch und Maschine

Wir finden, dass wir damit in diesem Jahr schon eine Menge auf die Beine gestellt haben und freuen uns bereits auf eine Fortsetzung – je mehr dabei mitmachen, desto besser. Daher bitte nicht vergessen, die Kolleginnen und Kollegen mal auf eine Mitgliedschaft in der dju in ver.di anzusprechen. Das geht ganz einfach und bringt viel!

Danke, alles Gute und herzliche Grüße,

Conny Haß und das Team der dju-Bundesgeschäftsführung

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